cap!

10 ein. Der heilige Benedikt sagt: „Die erste Stufe der Demut (ist): Der Mensch achte stets auf die Gottesfurcht und hüte sich, Gott je zu vergessen.“ Damit bringt er eine der Grundansichten christlich verstandener Demut zum Ausdruck: Die Demut ist eine Haltung Gott gegenüber. Ihn ehren und sich vor dem zu verneigen und abhängig zu wissen, der das Leben, die Welt und den Menschen in Liebe gescha en hat. Für Franz von Assisi zeigte sich die personi zierte Demut Gottes in der Menschwerdung seines Sohnes: klein und abhängig – und etwas Großes ist daraus entstanden. Damit verbunden ist ein Au rag. Nämlich zu den Kleinen und Schwachen zu gehen, zu denen, die Hilfe benötigen und sich selbst nicht helfen können, das Kleine und Schwache, das Niedrige wertzuschätzen, denn daraus kann Großes entstehen. Sich selbst nicht so wichtig zu nehmen, das Ego hintan zu stellen und mit den eigenen Schwächen und Unvollkommenheiten gelassen umzugehen, sodass ich auch mit den Schwächen anderer gelassen umgehen kann: Wenn ich das anerkenne, dann gelingt es mir, der Stolperfalle der Selbstüberhebung und der Überforderung zu entgehen. Das ist gelebte Demut. Allerdings: Das hört sich leicht an, ist aber o so schwer umzusetzen. Mich akzeptieren, wie ich bin, auch mit dem, wo ich nicht gerne hinschaue, was mir wehtut oder wo ich mir wehtue und mich selbst nicht mehr verstehe – das ist eine Kunst, die es immer wieder von neuem einzuüben gilt. Das bedeutet auch, von großartigen Idealen und Bildern, die ich womöglich von mir selbst habe, zu lassen. Zu akzeptieren, dass ich so manches falsch mache, dass ich vieles nicht kann, dass ich in vielem von anderen abhängig bin. Aber das kann, ehrlich hingeschaut, auch ziemlich entlasten und befreien. Ich muss nicht alles selbst machen, ich kann es nicht. Ich kann und darf es lassen, anderen überlassen. Loslassen – im Sinne einer radikalen und schonungslosen Selbsterkenntnis. Bodenständig und maßvoll Die iroschottischen Mönche, denen der europäische Kontinent das Christentum zu verdanken hat, benutzten das lateinsche Wort „humilitas“ für Demut. Darin steckt das Wort „humus“: die Erde, der Boden. Auch das Wort „homo“ (Mensch) ist mit „humus“ verwandt. Darin drückt sich aus, dass ein demütiger Mensch ein bodenverha eter, ein bodenständiger Mensch ist, eben ein geerdeter Mensch. Demütig in diesem Sinne bedeutet, mit beiden Beinen auf dem Boden zu stehen. Klug und maßvoll, tapfer, aber nicht tollkühn das Leben zu gestalten. Demut lässt mich auf die Welt und den Menschen, auf mich selbst schauen, wie ich bin: gescha en, geliebt, mit lässt mich auf die Welt und den Menschen, auf mich selbst schauen, wie ich bin: geschaffen, geliebt, mit Schwächen und vielen Fragen. Nicht vollkommen, endlich und sterblich, aber getragen von Gott. „Demut FOTOS: SUWAREE TANGBOVORNPICHET/ ISTOCK, ALEXANDER KAUFMANN/ UNSPLASH _WINTER 2023

RkJQdWJsaXNoZXIy NDQ1NDk=