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29 nur in der Politik, sondern in allen Gesellscha sschichten. „Die Politiker unternehmen nichts, um die jungen Menschen im Land zu halten“, sagt Br. Andreas Waltermann. Der Kapuziner lebt seit 16 Jahren in Albanien und kennt die Situation vor Ort gut. In diesen Jahren hat er immer wieder politische Wechsel auf kommunaler und nationaler Ebene erlebt. Immer wieder musste der Ordensmann feststellen: Egal wer und welche Partei gerade an der Macht ist, im Grunde ändert sich für die Menschen nichts. Fushë-Arrëz ist eine typische Arbeiterstadt – oder man sollte besser sagen: war eine typische Arbeiterstadt. Auf dem Reißbrett der Kommunisten nach den Idealen des Regimes entworfen, zählte sie in besten Zeiten bis zu 10.000 Einwohner. Heute leben in FushëArrëz rund 2.500 Menschen, also nur noch ein Viertel. Wer am Vormittag durchs Stadtzentrum geht, entdeckt an den Tischen der Cafés dennoch viele junge Männer. Ein Zeichen der hohen Arbeitslosigkeit. Danach gefragt, wie und vor allem wo sie sich ihre Zukun vorstellen, sind die Antworten fast immer gleich: nicht hier, im Ausland! Warum wollen sie weg? Die Gründe sind vielschichtig. So sind viele frustriert, die mit viel Engagement und Anstrengung ein Studium mit guten Leistungen abgeschlossen haben. Doch wer dann einen guten Job haben will, der muss die Personalverantwortlichen bestechen, um sich „in den Job einzukaufen“. Wer nicht aus einer nanzstarken Familie kommt, kann sich das nicht leisten. Im Ausland sind diese Leute gefragt. Auch lockt das Ausland mit höheren Verdienstmöglichkeiten: Lag das Bruttonationaleinkommen laut Statistischem Bundesamt je Einwohner im Jahr 2021 in Deutschland bei 51.040 US-Dollar, waren es in Albanien nur 6.110 US-Dollar. Viele in Albanien glauben, dass in Deutschland das Geld „quasi auf der Straße liegt“. Europa profitiert, Albanien verliert Viele Auswanderer leben in ihrer neuen Wahlheimat illegal. Anders ist das bei den gut ausgebildeten Fachkrä en. Viele Staaten (auch Deutschland!) werben Personal aus Albanien ab, zum Beispiel im medizinischen Bereich. Man muss es klar sagen: Diese Praxis der Industrienationen lässt das Land ausbluten. Durch den P egekrä emangel in Deutschland suchen immer mehr deutsche Krankenhäuser, Altenheime und P egedienste neues Personal 1. Unterwegs Br. Andreas auf dem Weg zur Kirche im Dorf Lumardh. Es ist die höchstgelegene Kirche im Pfarrgebiet 2. Hilfe zu Hause Eine ehrenamtliche Helferin zusammen mit Br. Christian bei einem Hausbesuch. Ein Freiwilligenteam hat zuvor beim Hausputz geholfen 3. Fushë-Arrëz Blick auf die Kleinstadt mit den zur kommunistischen Zeit entstandenen Wohnbauten. Die Kirche (links im Bild) wurde erst nach dem Fall des Regimes errichtet 1 2 3 > FOTOS: KAPUZINER/RAUSER, KAPUZINER _WINTER 2023

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