FOTO: ProSieben/Jens Koch
Stefan Gödde
arbeitet als Autor und Journalist. Er moderiert unter anderem das Magazin Galileo auf Pro7.
Interview mit Stefan Gödde: „Gott will das Gute für uns“
Stefan Gödde ist Moderator des Wissensmagazins „Galileo“ auf Pro7. Was den Journalisten und Autoren antreibt und warum Demut und Dankbarkeit für ihn zentral sind, sagt er im Interview auf kapuziner.org.
Glauben Sie an Gott, Herr Gödde?
Stefan Gödde: Ja, ich bin gläubiger Christ und auch gerne katholisch.
Wer hat Ihnen den Glauben mitgegeben?
Ich wurde in Paderborn geboren, eine ohnehin sehr katholische Gegend in Deutschland. Aber vor allem meine Oma mütterlicherseits hat mich geprägt. Sie war der frommste Mensch, dem ich jemals begegnet bin. Ihr ganzes Leben lang hat sie gebetet, die Religion spielte eine wichtige Rolle. Diese Verwurzelung im Glauben hat mich beeindruckt.
Sie durften Ihre Oma auch in schweren Stunden begleiten.
Ja. Und das war eine gute Erfahrung. Sie wurde relativ alt, zu der Zeit war ich Zivi im Altenheim und konnte nachts an ihrem Krankenhausbett Wache halten. Für diese Zeit bin ich sehr dankbar.
Und die Erfahrungen in der Gemeinde, waren die auch gut?
Ich habe eine klassische katholische Sozialisierung hinter mir: Messdiener, Pfadfinder, das war eine tolle Zeit. Aber mit dem Blick von heute ist es auch schockierend, denn der Pfarrer meiner Jugend war ein Missbrauchstäter, das habe ich erst kürzlich erfahren. Die Kirche hat ihn gedeckt, Informationen verschwiegen und den Mann immer weiter versetzt. Ohne dieses Wissen hätte ich gesagt: Ich hatte eine wunderbare Zeit. Mit dem Blick von heute ist das Bild nicht mehr so klar.
Was macht das mit Ihrem Glauben?
Mein Glaube ist dadurch nicht erschüttert. Aber es ist einfach erschreckend, dass jemand, der dich so cool und gut durch die Jugend begleitet hat, ein Missbrauchstäter ist.
Warum glauben Sie?
Der Glaube ist ein Geschenk, für das ich sehr dankbar bin. Mir persönlich gibt der Glaube Kraft. Und gerade in diesen Zeiten, in denen wir Menschen gedanklich ständig ums uns selbst kreisen, ist der Blick nach oben wichtig. Zu erkennen, dass mein eigenes Ego nicht das Zentrum des Universums ist. Wozu bin ich überhaupt auf der Welt? In dieser Frage gibt mir der Glaube Orientierung.
Woran zweifeln Sie?
Zweifel gehören zum Glauben dazu, das ist bei mir nicht anders. Und wenn man sich in einem stark religionskritischen Umfeld bewegt oder sich ständig durch Horror-Nachrichten im Internet scrollt, dann kann ich mir schon gut vorstellen, dass es Menschen schwerfällt zu glauben. Doch es geht auch anders. Zum Beispiel hier auf dem Katholikentag, wo wir dieses Interview ja führen: Ich freue mich sehr über die Gemeinschaft der Gläubigen. Wenn hier Tausende gemeinsam beten oder schweigen, dann trägt mich das.
Was ist ihr Lieblingsgebet?
Das Vaterunser. Die Botschaften in diesem besonderen Gebet sind positiv, menschenfreundlich und der Welt zugewandt. Gut für jeden Einzelnen und gut für die Gesellschaft.
Gab es Zeiten im Leben, als Sie sich die Sinn- und Glaubensfrage verstärkt gestellt haben?
Da gab es ein paar Wegmarken. Sicher die Zeit als Zivi im Altersheim, wo ich viel über das Leben und Sterben gelernt habe. Das war eine Zeit der Orientierung für mich. Hautnah mitzuerleben, dass das Abnehmen von körperliche Kräften und der Tod Teil des Lebens sind, das war sehr lehrreich und prägend. Und ich kann jedem jungen Menschen nur empfehlen, sich mit alten Menschen zu unterhalten. Man lernt so viel.
Einmal mussten Sie sich auch selbst mit dem Thema Endlichkeit beschäftigen.
Ja. Mit 32 Jahren hatte ich eine sogenannte Dissektion, eine Ader in meinem Kopf war plötzlich eingerissen. Das war kurzzeitig recht gefährlich, aber auch schnell wieder gut. Doch wenn Du als junger Mensch so unmittelbar mit der eigenen Endlichkeit konfrontiert wirst, dann verändert Dich das. Dazu kam eine spirituelle Erfahrung: Ich habe mich in diesen Momenten beschützt gefühlt, war nicht allein.
Was ist wichtig im Leben?
Ich finde, dass Dankbarkeit wichtig ist. Und dass man versuchen sollte, die ständigen Ablenkungen im Leben zu vermeiden, und sich stattdessen mit wichtigen Dingen wie Demut zu beschäftigen. Am Ende zählt nicht der Instagram-Algorithmus, sondern dass Du Dich von Deinem Schöpfer fragen lassen musst: Was hast Du zum Guten beigetragen? Ich persönlich möchte mich nicht allzu wichtig nehmen, und eine gute Beziehung mit den Menschen und Gott leben, bestenfalls in Demut und Dankbarkeit.
Macht es die Branche, in der Sie arbeiten, schwer, demütig zu sein?
Natürlich ist das Rampenlicht potentiell dazu angelegt, dass das Ego überproportional gestreichelt wird. Ich sehe mich aber auch nicht als Promi, das will ich sagen. Ich habe bei Galileo ein Format, mit dem ich gut „Ich“ sein kann.
Sie sind viel unterwegs, berichten auch in Büchern darüber. Was macht das Reisen aus?
Das Reisen öffnet Horizonte, denn die Welt ist spannend und sehenswert. Meine Oma, von der hier schon die Rede war, hat mit 75 Jahren das erste Mal das Meer gesehen. Das berührt mich bis heute und deswegen bin ich so dankbar, dass ich den kulturellen Reichtum der Welt erleben darf. Reisen ist das beste Rezept gegen Egoismus und Verengung. Die Welt ist wertvoll, in all ihren Facetten.
Wenn Sie es kurz zusammenfassen müssten: Was treibt Sie an?
Der Glaube an das Gute im Menschen. Und dass es einen Gott gibt, der das Gute für uns alle will.
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Tobias Rauser
Zur Person:
Stefan Gödde, geboren 1975 in Paderborn, arbeitet als TV-Moderator, Journalist und Buchautor. Nach seinem Abitur und Zivildienst studierte Stefan Gödde an der Uni Paderborn Anglistik und Germanistik, um Gymnasiallehrer zu werden. Sein beruflicher Weg führte ihn allerdings zu den Medien: Seit 2009 moderiert er das bekannte Pro7-Wissensmagazin „Galileo“. Außerdem ist er Autor von „Nice to meet you, Jerusalem“ und „Nice to meet you, Rom“, zwei Reiseführern, deren Erlöse an einen guten Zweck gehen.